Die spannende Geschichte von Lily und Tiger hat einen traurigen Anfang: Lilys Eltern trennen sich. Der Vater bleibt auf dem Bauernhof, wo er seine riesigen Bilder malt und meistens schweigt. Die Mutter sucht sich eine Wohnung und einen Job in der Stadt, wo sie sich endlich selbst verwirklichen kann und Leute trifft, mit denen sie reden kann. Und Lily? Lily wird von der Mutter wie ein Gepäckstück in die neue Wohnung verfrachtet und hat unsägliches Heimweh nach dem Vater, nach dem Bauernhof auf dem Hügel und nach ihren Katzen. Ihr einziger Trost wird der Kater Tiger. Lily findet ihn, nachdem er von einem Auto angefahren worden ist, und pflegt ihn gesund. Einfühlsam und mit viel Humor berichten die beiden Autoren Thomas Brinx und Anja Kömmerling von Lilys Einsamkeit in der großen Stadt, von den bösen Späßen, mit denen Lily in ihrer neuen Klasse gequält wird sowie von den Gründen für Lilys Entschluss, nicht mehr zu sprechen. Endlich scheint Lily aber in ihrem Schulkameraden Willy einen Freund zu finden. Willy, der auch einen Kater hat und in seinem Baumhaus die kleinsten Bilder der Welt malt, wagt aber zunächst nicht, sich vor den anderen Kindern zu seiner Freundschaft mit Lily zu bekennen. In schöner Ausgewogenheit erzählt dieses Buch vom Schmerz, der mit Trennung und Verlust einhergeht, aber ebenso auch von den Möglichkeiten, Einsamkeit, Trauer und Enttäuschung zu überwinden. Als Tiger wieder gesund ist, muss sich Lily auch von ihm trennen, aber sie findet in Tigers Besitzerin eine Freundin. Und am Ende können wir Leser mit Lily aufatmen, denn es gibt sogar einen Weg zurück zum Vater -- auf eine überraschende, überhaupt nicht klischeehafte Weise. Auch Willy bekommt einen angemessenen Platz in Lilys Leben. Ein handlungsreiches und trotzdem leises, ein trauriges und gleichzeitig sehr heiteres Buch. Alles in allem ein richtig tolles Leseerlebnis, das man gerne mit seinen Freunden teilen möchte!